Ratan und Rataskär
Nach einer Fahrt auf schmalen, gewundenen Landstraßen
gelangen Sie an einer geschützten Meeresbucht zu einem verschlafenen
Dörfchen mit kleinen, schönen, alten Holzhäusern,
ein paar Schafweiden und einem Kleinboothafen: Ratan. Wenn man
sich in Geschichte nicht so gut auskennt, kann es leicht passieren,
dass man nach einer kurzen Pause unten im Hafen weiterfährt
und Ratan als das hübsche Stranddörfchen
in Erinnerung behält. Aber Ratan ist viel mehr als erholsame
Ruhe. Ratan ist ein wichtiges Stück nordschwedischer Kulturgeschichte.
Der Ort war so bedeutsam, dass er - anstelle von Umeå -
zur größten Stadt Norrlands hätte werden können.
Alles begann damit, dass die Bauern von Djäkneboda
beantragten, hier einen Marktplatz anlegen zu dürfen. Die
geschützte Lage hinter der Insel Rataskär (auch Båkskär
genannt) bot nämlich hervorragende Voraussetzungen für
einen Hafen. Die Bauern durften den neuen Marktplatz gründen,
bekamen aber die Auflage, ein Wirtshaus zu bauen. Auf der Insel
Rataskär können Sie das Fundament dieses ersten Gebäudes
der Gegend sehen.
Seine Blütezeit erlebte Ratan im 18. Jahrhundert,
als sein Hafen zum Stapelplatz für die Städte Umeå,
Piteå, Luleå und Torneå und damit zum wichtigsten
Hafen der gesamten Küste von Norr- und Västerbotten
- zum Hafen von Norrland - wurde. Am Stapelplatz mussten
die Schiffe der Städte anlegen, um ihre Waren zu verzollen.
In Ratan wurde eine Seezollverwaltung angelegt. Auf Rataskär
wurden ein Zollhaus und Magazine für die verschiedenen Städte
errichtet. Lotsen und Zollangestellte bauten sich Häuser
auf dem Festland und bestellten den Boden.
Der letzte Krieg, der in Schweden stattfand - der Krieg
gegen Russland 1808 bis 1809 - stellte Ratan auf eine harte
Probe. Am 20. August 1809 lieferten sich die Schweden und Russen
in Ratan eine große Schlacht. Die Höfe wurden zerstört,
das Hab und Gut der Einwohner weggeschafft und ihre Vorräte
geplündert. Als Besucher von Ratan können Sie in Form
von Wehren und Gräben noch heute Spuren des Krieges sehen.
Auch kann man in ein paar Häusern das eine oder andere Einschussloch
entdecken.
Abgesehen von seiner geschichtlichen Bedeutung als Hafen
und Kriegsschauplatz, erlangte Ratan noch in einem ganz anderen
Zusammenhang Bekanntheit. Von Ratan ist nämlich täglich
im schwedischen Seewetterbericht zu hören. Als im 19. Jahrhundert
das Interesse für das vermeintlich verschwindende Meerwasser"
- also die Landhebung - wuchs, wurde Ratan eine zentrale Rolle
zugewiesen. In Ratan beobachteten die Wissenschaftler das merkwürdige
Phänomen, und im Jahr 1749 schlug hier ein Forscher aus Österbotten
die erste Wasserstandsmarkierung auf dem Festland in das Gestein.
Außerdem errichtete man 1891 im Hafen eine so genannte Mareographstation,
an der man den Wasserstand maß. Heute steht in Ratan eine
neue Messstation, und von eben dieser sind täglich Berichte
im schwedischen Radio zu hören.
Wenn Sie Rataskär besuchen, dürfen Sie den kleinen
Kulturpfad auf der Insel nicht verpassen. Auf dem gut 1 Kilometer
langen Rundweg erfahren Sie mehr über die spiralförmigen
Steinlabyrinthe, Windrosen, Vorrichtungen zum Trocknen von Fischernetzen
und die runden Steinwälle, die Behausungen umgaben. Der Weg
führt auch an dem 1891 gebauten Leuchtturm vorbei. Auf dem
Gipfel der Insel steht die alte Leuchtbake, die zur der Zeit,
als Ratan noch ein eigener Lotsenbezirk war, als Lotsenausguck
diente.
Die Natur auf Rataskär ist typisch für die Landhebungsküste
von Västerbotten. Die Schäre ist bis zu 21 Meter hoch
und unterhalb ihrer Spitze liegen schöne Klippen und Fichtenwald.
An der Nordseite der Insel findet sich ein abgeschnürter
kleiner See. Weite Teile des Rataskär stehen unter Naturschutz,
und das Gebiet um Ratan und Rataskär ist im Rahmen des Denkmal-
und Ensembleschutzes als von nationalem Interesse klassifiziert.
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